Sein „Turbo“, das ist die reine Leidenschaft



Vor 40 Jahren begann der Buhlbronner Wolfgang Reile (56) seine Automechaniker- Lehre bei Strähle. Und zählt heute zu den gefragtesten Schraubern alter Porsche-Motoren in ganz Deutschland.

Ein herrlicher Samstagnachmittag, ideal für eine Radtour. Aber ich habe Wolfgang versprochen zu kommen. Meister Wolfgang Reile sitzt in seiner Werkstatt in Haubersbronn und schneidet umständlich einen Rührkuchen auf. Die Werkstatt ist wie immer wie geleckt. Nur Wolfgangs blaue Latzhose zeugt von Arbeit. Er hat ja, seit er sich 1990 selbstständig gemacht hat, nie Zeit. Und hat er mal Urlaub, setzt er sich mit der Frau in den Flieger und flüchtet auf die Kanaren. Zuhause würde er sonst, wie er sagt, vor lauter Telefongebimmel „einen Vogel kriegen“. Da möchte man manchmal meinen, alle Welt fahre Porsche, Porsche der 60-er und 70-er Jahre. Dabei ist es doch ein eher überschaubarer Kreis, der allerdings höchste Ansprüche an das betagte Gefährt stellt. Wehe, die Maschine tickt mal nicht richtig. Schon fällt mit der Kompression die gute Laune des Chauffeurs. Schon klingelt bei Wolfgang das Telefon.

Also nimmt er im Urlaub für eine Woche Reißaus. Länger gönnt er sich (und der Frau) nicht. Als ihn Anita zu Anfang ihrer Ehe einmal zu einer dreiwöchigen Vakanz am Plattensee überreden konnte, bekam Wolfgang nach einer Woche angestrengtem Nichtstun die Krise. Die verbliebenen zwei Wochen hat er nur noch am Rasenmäher des Hotels geschraubt, den Motor bis auf die letzte Unterlegscheibe zerlegt und wieder zusammengebaut. Ein Getriebener, dabei überaus liebenswert (sofern er Arbeit hat). „Nimm dir Kuchen. Noch Kaffee . . ?“, fragt Wolfgang. Ja, er muss immer was tun. Sonst gehter kaputt. Aber das, was er mit diesen schrundigen Händen tut, in die sich das Motoröl subkutan eingefressen hat, grenzt an Kunst. Ein begnadeter Schrauber. Wissen sie in Zuffenhausen, im Werk, bei einem Kunden-Motor von anno Tobak einmal nicht mehr weiter , klingelt . . . Als ich vor Jahren auf Kur ein kleines Porsche-Privatmuseum in Lemgo besuchte, das sich dort ein Kieferchirurg sozusagen vom Munde abgespart hatte, und den Besitzer beiläufig fragte, ob ihm der Name Reile was sage, entgegnete der Doktor nur trocken: „Was werde ich den nicht kennen?!“ Er empfand es fast als Beleidigung, so, als hätte man einen Klassik-Liebhaber nach Karajan gefragt. Wolfgang, an dem der alte Daimler vermutlich seine helle Freude gehabt hätte, gehört zur aussterbenden Spezies schwäbischer Tüftler. Gibt’s ein Problem mit den Vergasern oder der mechanischen Einspritzanlage oder lässt die Leistung einer Maschine zu wünschen, findet er keine Ruhe, bis er der Ursache auf den Grund gegangen ist. Dann schläft er oft nur drei Stunden, brennt in der Werkstatt schon morgens um 4 das Neonlicht. Und vor 24 Uhr geht’s manchmal nicht aus. Schließlich will er immer „auf der sicheren Seite“ sein.

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